Fliegen und Träumen - genauso war es!

Ein Reisebericht von
Sandra Baier
über die Reise
¡Argentina! - Volar y sueño
vom
11
.
01
.
bis
27
.
01
.
2018

Angefangen hatte es im letzten Sommer mit einem Drachen-Tandemflug vom Wallberg. Als Gleitschirmfliegerin bin ich irgendwann extrem neugierig geworden auf dieses andere Fluggerät. Das musste ich ausprobieren. Gesagt, getan, Volltreffer! Ich war infiziert und zwar sofort - ein Fluggefühl mit Suchtpotential. Mir war klar, das konnte kein einmaliger Ausflug mit dem Drachen gewesen sein.

Eine Gelegenheit der besonderen Art sollte früher kommen, als gedacht, in Argentinien nämlich. Christian machte mich auf seine Flugreise dorthin aufmerksam, in deren zweiten Woche es auf die Fly Ranch von Flavio Galliussi in der Nähe von Buenos Aires gehen sollte, und zwar zum Drachenfliegen im UL-Schlepp und am Etagengurtzeug. Bereits lizensierte Drachenflieger können dort als Fortbildung ihre UL-Schleppberechtigung erwerben. Die Idee dahinter für mich als Drachen-Greenhorn: zuerst „nur“ das Fliegen mit dem Drachen (kennen)lernen. Großer Vorteil dabei: von Anfang an selbständiges Steuern in der Luft, aber mit einem Piloten als Fluglehrer im Rücken (im wahrsten Sinne des Wortes), der jederzeit eingreifen und korrigieren kann.

Ich musste nicht lange überlegen. „Auf nach Argentinien“, dachte ich und sollte es nicht bereuen. 

Nach einer grandiosen ersten Woche beim Bergfliegen mit meinem Gleitschirm in Merlo ist es auf der Fly Ranch irgendwann soweit: festgeschnallt im Etagengurtzeug unten, Christian als Instructor oben, verlinkt mit dem Dragonfly, Motor an, Handzeichen… und los… wow! Nur wenige Meter Rollen und wir heben ab. 

Tandemstart mit dem Dragonfly

Viel Zeit zum Geflasht-Sein bleibt nicht, denn wichtig ab jetzt: Höhe, Abstand und Flugrichtung zum UL halten, um keinen Seilriss und keine Notauslöse zu riskieren. Da braucht es schnelle, vorausschauende Reaktionen. Alles gar nicht so leicht am Anfang, aber zum Glück ist außer mir noch jemand an Bord 😉, der das richtig gut kann. 

In der vorher ausgemachten Höhe, zwischen 600m und 1000m über Grund, kommt von Fernando, unserem UL-Piloten, das Zeichen zum Auslinken. Kurz am Auslösegriff der Schlepplinke gezogen und wir fliegen frei. Christian erklärt in der Luft nochmal geduldig jedes Manöver und jede Steuerbewegung, bevor ich sie jetzt selber ausführen darf: Bremsen, Beschleunigen, Kurvenfliegen … wie cool ist das denn? Mit beiden Händen am Steuerbügel fühlt es sich an, als wäre ich solo unterwegs. Aber aus seiner Position eine Etage über mir hat Christian natürlich alles unter Kontrolle, ein beruhigendes Gefühl.

‍Tandem mit Christian - und ich darf steuern

Selbst in sehr thermischen Bedingungen, in denen ich noch nicht den Hauch einer Chance habe, den Drachen zu kontrollieren, ist auf Christians Kraft und Ausdauer zu 100% Verlass, kein leichter Job oben im Gurtzeug angesichts des schlechteren Hebels über die Seitenrohre. Wenn ich in solchen oder anderen, kritischen Flugphasen, wie z.B. der Landung, das Steuern Christian überlassen muss, kann ich die Hände weiterhin locker am Steuerbügel lassen und passiv dem Steuerdruck folgen, auch das hat einen genialen Lerneffekt. 

Mein Gefühl für den Drachen wird so mit jedem Mal besser und jeder Flug steigert die Vorfreude auf den nächsten.

Dabei ist es schwer, sich mit der Skyline von Buenos Aires auf der einen Seite und der grandiosen Landschaft der beginnenden, argentinischen Pampa auf der anderen auch noch auf so „unwichtige“ Dinge wie Positionsbestimmung, Windversatz oder Landeeinteilung zu konzentrieren. Auch ein wunderschöner Sonnenuntergang kann schon mal sehr ablenken. Vom Gleitschirmfliegen bin ich es gewohnt, dass zu all dem in der Luft normalerweise mehr Zeit bleibt.

Up, up and away...

Ausreichenden Nervenkitzel gibt es auch bei den anderen Drachenfliegern. Von den Einweisungsrunden bis zu den mit Bravour gemeisterten Soloflügen ist es mitunter recht spannend. 

Beim UL-Schlepp hängt das Flugereignis von mehr Variablen ab, als vielleicht gewohnt. Und die Abstimmung von Wetter, Technik und Mensch erfordert etwas mehr Geduld. Allein der platte Reifen eines Startwagens oder ein verloren gegangenes Schleppseil können dann schon mal an den Nerven zerren. Aber egal, ob es um rein technische Fragen geht oder um „Balsam für die Seele“, Christian und die anderen Profis von der Fly Ranch stehen jedem Einzelnen mit Rat und Tat zur Seite. Gut gelaunt, locker und maximal professionell wird für jedes Problem eine Lösung gefunden. Hut ab vor allen Beteiligten! 

Der Austausch und die gegenseitige Unterstützung sind in der Gruppe ohnehin unglaublich freundschaftlich und lehrreich, ob Gleitschirm- oder Drachenflieger spielt keine Rolle. Im Gegenteil, es wird zusammengeholfen, gefachsimpelt, analysiert, motiviert, getröstet und gejubelt.

Pause im Hangar der Fly Ranch

Weil sich parapentes und alas delta ja auch im richtigen Fliegerleben regelmäßig über den Weg laufen… äh… fliegen, ist eine gemeinsame Reise in jeder Hinsicht eine wertvolle Bereicherung.

Die Erlebnisse in Argentinien waren insgesamt schon sehr besonders: das Bergfliegen vor traumhafter Naturkulisse in Merlo, das Flair des Flugplatzbetriebes auf der Fly Ranch, die umwerfend herzliche Art der Einheimischen, tolle Locations, mit Christian eine kompetente und geduldige Reiseleitung, eine coole, witzige Reisegruppe und jede Menge Spaß und Adrenalin – eine super Kombination! 

Wie war nochmal das Motto der Reise? Ach ja, „Fliegen und Träumen“… genauso war`s!                                                                                                                                                              

¡Hasta la próxima en Argentina!   

Reisebericht verfasst am
1
.
3
.
2018